Gruselstory

25. Januar 2023

Ein Künstler, den ich sehr schätze, hatte mich über Messenger in facebook angeschrieben:

„Nimmst du gerade Grafikaufträge an? Ich habe einen Bekannten aus der Gesundheitsbranche, der leider schon für nächste Woche eine Grafik für einen Aufsteller für eine Messe braucht. Kann ich Dich als Kontakt weiter geben? Oder passt es eher nicht?“

Ich dachte, so jetzt hast du gerade so viel Geld in eine neue Brille investieren müssen, da ist ja so ein Auftrag echt willkommen.

Ich gab dem Künstler meine Kontaktdaten und am nächsten Tag telefonierte ich mit dem Auftraggeber. Ich erzählte zuerst, dass ich auch Schriftstellerin sei, momentan Science Fiction schreibe und dass ich mit meinem Roman vor der Künstlichen Intelligenz mahnen wolle.

Er antwortete daraufhin, dass er sich auf traditionelle Werte wie die Familie berufe und Verschwörungstheorien nichts Schlechtes seien. Außerdem sei er in einem Ort in der Nähe von Stadt X bei Demonstrationen in der Coronazeit mitgelaufen. Er schaue sich so richtige Horror-Science-Fiction-Serien an.

Meine Alarmglocken klimperten in mein Hirn. Ohje, an wen bin ich jetzt geraten? Kurz telefonierte ich mit meinem Partner. Er sagte, ich solle den Auftrag ablehnen.

Aber ich sah nur die 400 Euro, die den monetären Aufwand für meine Brille ersetzen würden. Also arbeitete ich vier Stunden fieberhaft an dem Auftrag. Ich schickte dem Typ dann eine Grafik. Er sagte, das sei gut, aber er wolle im Zentrum der Grafik eine Familie haben, eine richtige Familie mit Vater, Mutter und Kind. Wieder diese Familie!

Ich schickte meinem Sohn, der einen guten grafischen Sinn und ein Marketing-Auge hat, die Illustrationen, die ich gestaltet hatte und fragte ihn, ob irgendetwas auffalle. Er meinte, die Key Visuals in der zweiten Datei seien seltsam, denn hier hatte ich nach Anweisung keine Piktogramme, also keine Illustrationen, sondern echte Bilder eingesetzt.

Dann kam es mir. Der Typ hatte so einen seltsamen Namen. Er hieß Olaf Eicher. Ich gab den Namen bei google ein und das erste Top-Ergebnis landete bei einer rechtsextremistischen Partei. Ich reagierte sofort und sagte in dem WhatsApp-Chat zu Olaf Eicher, dass ich mit so einer Partei nichts zu tun haben wolle. Er meinte daraufhin, ob ich schon jemals für eine Partei gearbeitete hätte. Ich antwortete, ich würde mich als Künstlerin für keine einzige Partei verdingen wollen. Er fragte, ob ich überhaupt wüsste, ob ich in meinem Berufsleben jemals für eine Partei gearbeitet hätte. Darauf meinte ich, das wüsste ich nicht und löschte den Chat-Kontakt. Die 400 Euro waren weg und vier Stunden im Fieber umsonst gearbeitet. Ich sagte mir, na toll!

Ich schrieb den Künstler an, was das solle, mir einen Kontakt zu einer rechtsextremistischen Partei zu vermitteln, ich hätte den Namen gegoogelt. Ob er überhaupt wüsste, was das für ein Mensch sei. Der Künstler antwortete, er google nicht nach seinen menschlichen Kontakten. Er kenne Olaf Eicher vom Schießtraining. Ich fragte, ob er denn blauäugig sei, denn man merke ja schon von Anfang an, wenn Olaf Eicher spreche, dass er in eine rechte Richtung tendiere. Der Künstler antwortete, dann sei er halt blauäugig.

Am nächsten Morgen löschte ich alle eMail-Kontakte mit Olaf Eicher. Am Abend hatte ich eine Vorlesung an einer Uni in einer Stadt X. Der Professor meinte bei dem Seminar, die rechtsextreme Partei würde im Moment tatsächlich versuchen, in den Kulturbereich vorzudringen.

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